Auf der LASER World of PHOTONICS 2023 haben die Verbände SPECTARIS und VDMA aktuelle Konjunkturdaten der Photonikindustrie präsentiert. Der Ausblick ist positiv – doch es gibt ein großes Fragezeichen.
Bis 2025 wird der globale Photonikmarkt um mindestens sechs Prozent jährlich wachsen. Im photonischen Kernbereich (Laser, LEDs, Sensoren etc.) sei sogar mit zweistelligem Zuwachs zu rechnen, erklärte SPECTARIS-Geschäftsführer Jörg Mayer am Rande der LASER 2023 in München. Zum Vergleich: 2021 lag das globale Marktvolumen bei 830 Milliarden US-Dollar.
Auch der deutschen Branche geht es laut Mayer gut: Die rund 1.000 Photonik-Unternehmen erwirtschafteten 2022 mit 191.000 Beschäftigten über 50 Milliarden Euro Umsatz. Nachdem sie die Corona-Krise schnell überwunden habe, sei die Branche in den letzten beiden Jahren jeweils zweistellig gewachsen. Treiber war die starke Nachfrage aus dem EU-Ausland und den beiden wichtigsten Exportländern China und USA. Im Schnitt liege die Exportquote der deutschen Anbieter bei 73 Prozent. Die größten Importeure von photonischen Systemen und Komponenten in den deutschen Markt waren laut SPECTARIS erneut China und die USA.
Bis 2027 erwartetet der Verband hierzulande jährliche Wachstumsraten von sieben Prozent – was einen Umsatzanstieg von 50 auf 67 Milliarden Euro in nur fünf Jahren entspricht. Doch es gibt ein Fragezeichen: Um dieses Wachstum personell stemmen zu können, braucht die Branche laut SPECTARIS 60.000 zusätzliche Fachkräfte bis 2027. Angesichts des intensiven Wettbewerbs um naturwissenschaftlich-technische Talente und des demografischen Wandels ist das eine Herausforderung. Um die Branche beim Werben um Fachkräfte zu unterstützen, hat der Verband ein Webportal gestartet, auf dem sich Interessierte über Karriereoptionen in der Photonik informieren und konkrete Ausbildungs- und Jobangebote finden können.
Neben SPECTARIS hat auch die VDMA-Arbeitsgemeinschaft Laser und Lasersysteme für die Materialbearbeitung auf der LASER 2023 über aktuelle Marktentwicklungen und deren technologische Treiber informiert. Geschäftsführer Dr. Sven Breitung berichtete von positiver Grundstimmung unter den Mitgliedsfirmen. Ob Auftragseingänge aus dem In- und Ausland oder Umsatzerwartungen für 2023: Das Gros der Unternehmen erwartet Zuwächse, die teils zweistellig ausfallen dürften. Auch die Lieferkettenprobleme, durch die vor allem zugelieferte Elektronikkomponenten verknappt waren, sind einer aktuellen Mitgliederbefragung zufolge überwunden. Die Mehrheit der Unternehmen hat das Problem gelöst; weitere 40 Prozent rechnen spätestens im zweiten Halbjahr 2023 mit einer Entspannung der Lage. Doch für die größte Herausforderung der Branche – den Fachkräftemangel – sehen auch die Mitglieder der VDMA-Arbeitsgemeinschaft keine schnelle Lösung.
SPECTARIS sieht für die Photonik Wachstumspotenzial in einer nachhaltigen Landwirtschaft und hat diese in einer aktuellen Studie mit der Messe München und TEMATYS dargelegt. In München stellten Mitglieder der VDMA-Arbeitsgemeinschaft weitere Anwendungen vor, die zugleich Marktpotenzial bergen und wichtige Beiträge zum Umwelt- und Ressourcenschutz leisten. Dr. Hagen Zimer, Geschäftsführer der TRUMPF Laser GmbH in Schramberg, richtete den Blick auf innovative Laseranwendung: Den Einsatz von Kurzpulslasern für die Reinigung von Oberflächen und die laserbasierte Trocknung frisch beschichteter Batterieelektroden in der Automobilindustrie. Kurze Lichtpulse ersetzen immer öfter Ätzverfahren mit aggressiven Chemikalien, um beispielsweise Klebeverbindungen für den sogenannten kalten Rohbau von Karosserien vorzubereiten. Die bereiten die Oberflächen exakt dort vor, wo es notwendig ist – und tragen zu besseren Klebeverbindungen bei, indem sie Mikrostrukturen in die Flächen einbringen. Weil die Kurzpulsverfahren immer effizienter werden, können sie im großen Stil zur Einsparung von Chemikalien und Wasser beitragen. Und wo Diodenlaser anstelle von meterlangen Trockenöfen die mit Aktivmaterial beschichteten Elektroden von Lithium-Ionen-Batterien trocknen, sinkt nicht nur der Energiebedarf beträchtlich, sondern beansprucht die Trocknung sehr viel weniger Platz in den Batteriefabriken.
Große Vorteile bringt auch die photonische Beschichtung von Bremsscheiben mithilfe des Laserauftragsschweißens (Laser-Metal-Deposition – LMD). Mit der neuen EURO-7-Norm weitet die EU die Regulatorik ab 2025 von den reinen Emissionen des Verbrennungsmotors auf freigesetzte Feinstaubpartikel aus. Eine Hauptquelle sind Bremssysteme. Laut Nikolas Meyer, Leiter der Business Unit Vertrieb und Applikation der EMAG LaserTec GmbH, hat die Suche nach großserientauglichen Fertigungslösungen für emissionsarme Bremsbeläge zum LMD-Verfahren geführt. Denn damit lassen sich Beläge in vielfältigen Materialkombinationen Schicht für Schicht aufbauen. Durch konsequenter Verfahrensoptimierung sei es gelungen, die Flächeneffizienz des Verfahrens auf rund fünf Quadratmeter pro Stunde zu steigern und hierbei Schichtdicken von teils weniger als 0,01 Millimetern mit sehr glatten Oberflächen und minimaler Rauheit zu realisieren.
Laserline-Geschäftsführer Dr. Christoph Ullmann und Dr. Stefan Ruppik, Vice President und Geschäftsführer High Power CO2 Lasers & Profile Welding Systems bei Coherent, stellten in München weitere Anwendungen vor, die per Laser Markterfolg und Nachhaltigkeit verbinden. Ullmann verwies auf die hohen Wirkungsgrade und Standzeiten von Diodenlasern. Direkte Diodenstrahlquellen seien mit 55 Prozent elektrischer Effizienz die effizienteste Technologie zur Wandlung von Strom in Licht und würden hunderttausende Betriebsstunden durchhalten. Mancher Diodenlaser sei im industriellen Dreischichtbetrieb seit mehr als einem Jahrzehnt im Einsatz. Mit Refurbishing-Konzepten könne man gebrauchte Diodenlaser in neuwertigen Zustand versetzen und dabei 70 bis 80 Prozent ihrer Komponenten weiterverwenden. Diese Vorteile spiele die Technologie beim Härten, in der additiven Fertigung oder in der gezielten Reparatur von Verschleißflächen aus. Das verlängere die Lebensdauer der so behandelten Walzen, Zahnräder oder Werkzeuge deutlich – und senke den Energiebedarf im Fall des Härtens um bis zu 90 Prozent gegenüber alternativen Induktionsverfahren. Ruppik zeigte auf, wie Laser den Zuschnitt von Wellpappkartons und Pappaufstellern für Verkaufsflächen flexibilisieren. Statt unterschiedlich große Produkte in Kartons mit Einheitsmaß zu verpacken und überschüssigen Raum mit Luftpolsterfolien oder Schaumflocken zu füllen, könnten damit passgenaue Kartons realisiert werden. Diese nutzen Laderäume und den Energieeinsatz der Transporte optimal aus. Der digital gesteuerte Zuschnitt per CO2-Slab-Laser trage zu mehr Flexibilität im Verpackungsdesign bei und reduziere zugleich den ökologischen Fußabdruck.