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Mit Photonik zur nachhaltigen Welternährung

Ende des Jahrhunderts werden elf Milliarden Menschen auf der Erde leben. Um sie zu ernähren, ist eine produktivere und zugleich nachhaltigere Landwirtschaft als bisher gefragt. Die Photonik ist dafür eine Schlüsseltechnologie.

Wenn es derzeit eine Jahrhundertfrage gibt, dann diese: Wie sind elf Milliarden Menschen zu ernähren, ohne dabei existenzielle Bedrohungen wie den Klimaschutz und das Artensterben aus den Augen zu verlieren? – Das Beratungshaus TEMATYS hat im Auftrag des Verbandes SPECTARIS und der Messe München Antworten gesucht und diese in der aktuellen Studie „Photonic Technologies for Agriculture“ zusammengefasst. Kernbotschaft: Mit photonischen Lösungen kann eine nachhaltige Ernährung der wachsenden Erdbevölkerung gelingen.

Licht ist als Treiber der Photosynthese ohnehin der Schlüssel zur Ernährung und überhaupt zum Leben auf unserem Planten. Die Photonik macht es zum effizienten Werkzeug, das der Landwirtschaft auf vielen verschiedenen Ebenen helfen kann. Die Studie benennt sie: Dabei reicht das Spektrum von immer präziseren Satelliten-gestützten Wettervorhersagen über die effiziente LED-Beleuchtung für Gewächshäuser und Vertikal Farms mit pflanzenspezifischen Wellenlängen bis zum sensor- und kamerabasierten Monitoring der Gesundheit von Pflanzen und Tieren oder zur Entwicklung resistenten Saatguts mit biotechnologischen Methoden. Ein zentrales Einsatzfeld photonischer Lösungen ist zudem das so genannte Precision Farming.

Hochpräzise datenbasierte Landwirtschaft

Precision Farming ist der Oberbegriff für eine präzise, sensorisch unterstützte, datenbasierte Landwirtschaft. Auch Automation und Robotik schreiten voran. Schon heute ist die Lenkung vieler Traktoren und Landmaschinen dank GPS-Positionierung und umfassender Sensorik beim Einsatz auf dem Acker automatisiert. Damit ist gewährleistet, dass sie immer dieselben Spuren nutzen, was Ernteverluste minimiert. Andererseits haben die Bediener die Hände für die Touchscreen-basierte Bedienung und Kontrolle der Bearbeitungsmaschinen frei. Bei der Überfahrt über Äcker prüfen Sensoren die Bodenfeuchte, Pflanzengesundheit und etwaigen Nährstoffmangel. Die Daten werden mithilfe der GPS-Positionierung präzise kartiert, um bei der nächsten Überfahrt punktgenau gegen Krankheiten und Schädlingsbefall vorgehen oder nachdüngen zu können. Später kartieren auch die Erntemaschinen ihre Erträge sehr präzise.

Auf diese Weise nähert sich die datenbasierte Landwirtschaft geschlossenen Regelkreisen, welche mit minimiertem Einsatz an Dünger, Pestiziden und Bewässerung maximale Erträge erzielen. Erste Farmen setzen zudem auf Prozessautomation mit Drohnen, Feldrobotern und Maschinenflotten, in denen ein erfahrener Bediener das erste Fahrzeug lenkt und sämtliche Maschineneinstellungen vornimmt. Diese werden drahtlos an die folgenden, teils fahrerlosen Geräte übermittelt. Die Photonik ist das Rückgrat dieser zentimetergenauen, hocheffizienten landwirtschaftlichen Praxis: Kamerasysteme, multi-/hyperspektrales Imaging und LiDAR-Sensoren sammeln Daten und sorgen für Orientierung bei der automatisierten Verrichtung der Arbeiten. Auch die Unkrautbekämpfung mit jätenden Feldrobotern und Lasern statt mit Pestiziden gehört zum photonischen Repertoire für diese nachhaltige Landwirtschaft.

Starkes Wachstum photonische Anwendungen

Angesichts dieser Vielfalt und des nicht annährend gehobenen Potenzials der photonischen Anwendungen im Precision Farming prognostiziert die Studie beinahe eine Verdopplung der globalen Umsätze: von aktuell 4,6 Mrd. Euro werde der Markt bis 2027 auf 9,1 Mrd. Euro zulegen. Das entspricht jährlichen Wachstumsraten von 15 Prozent. Die Studie liefert eine präzise Aufschlüsselung dieser Umsätze. Zwei Drittel werden demnach auf die Beleuchtung in Gewächshäusern und Vertical Farms entfallen, weitere 2,2 Mrd. Euro auf Lösungen für die UV-Desinfektion von landwirtschaftlich genutztem Wasser und für die UV-Behandlung von Saatgut. Letztere immunisiert die daraus wachsenden Pflanzen gegen Krankheiten und hilft so, den Bedarf an chemischem Pflanzenschutz zu minimieren.

Mit großem Abstand – aber dafür steileren Wachstumskurven folgen photonische Analytik (342 Mio. €), die für die Erforschung und Zucht resistenterer Pflanzen im Einsatz ist, sowie die photonische Sensorik. Hierzu zählen Refraktometer, Spektrometer, Kamerasysteme und das multi-/hyperspektrale Imaging. Die Umsätze für diese Lösungen dürften sich laut Studie bis 2027 auf insgesamt fast 440 Mio. Euro jährlich summieren.

Photonische Schlüsseltechnologien

Klar ist, dass die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen, die aktuell 37 Prozent der Landfläche unseres Planeten ausmachen, sich nicht unbegrenzt ausweiten lassen. Im Gegenteil: Durch fortschreitende Degradation und Verwüstung einerseits – und den Verlust an Biodiversität andererseits wird es darauf ankommen, Ende des Jahrhunderts deutlich weniger Fläche für die Ernährung der bis dahin um 40 Prozent wachsenden Erdbevölkerung zu bewirtschaften.

Entsprechend müssen die Hektarerträge weit schneller zunehmen als die Bevölkerung. Die Studie zeigt, wie die Photonik zum zentralen Treiber dieses Produktivitätssprunges werden kann: Als Schlüsseltechnologie für die Robotik und Automation, als Lieferant der benötigten Sensor- und Kameradaten für die datenbasierte hocheffiziente Bewirtschaftung, als Enabler einer digital vernetzten und zunehmend smarten Maschinenbasis sowie als technologische Basis für ein ausgefeiltes Bioengineering, das durch robustere anpassungsfähigere Pflanzen den Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden und künstlicher Bewässerung minimieren kann.

Potenzial der Photonik sehen die Autoren über die gesamte landwirtschaftliche Prozesskette hinweg: von der Bodenvorbereitung, Pflanzenzucht und Saatgutbehandlung über den Anbau, die Ernte hin zu allen Weiterverarbeitungsprozessen in der Nahrungsmittelbranche. Photonik schaffe Über- und Einblick. Sei es über hunderte Kilometer bei der Wetterbeobachtung aus dem All, über dutzende Kilometer bei Drohnenflügen oder der Waldbrandfrüherkennung oder sei es in den Zentimeter- und Mikrometerskalen der Sensorik und Analytik auf Äckern und in Laboren. Fazit der Studie: „Photonik ist der Key-Enabler für alle Einsatzfelder des Precision Farmings“.

Die kostenfreie Studie gibt es hier zum Download