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Feinanalytik im Nanokosmos

Neben Strukturvermessungen im Nano- und Pikometermaßstab stoßen auch optische Materialanalysen und Schwingungsmessungen in den Nanokosmos vor.

„Unsere Lösungen ermöglichen sowohl morphologische als auch substanzielle Analysen von Oberflächen in molekularer Auflösung“, berichtet Peter Kraemer, CEO der attocube systems AG. Das Unternehmen bietet Nanopositioniertechnik, Laserinterferometer sowie Imaging- und Spektroskopie-Systeme, die für Präzision in der Grenz- und Oberflächenforschung, der (Nano-)Plasmonik und Graphen-Forschung sorgen. Vielversprechende Zukunftsfelder also, die neue Kapitel der Materialforschung aufschlagen. Forschenden blicken nicht nur immer tiefer in molekulare und atomare Strukturen, sondern können diese währenddessen auch multimodal analysieren und vermessen. Die Nanoanalytik-Plattformen basieren auf eigens mit Partnerunternehmen entwickelter Lasertechnik.

Überraschenderweise setzt attocube dafür auf übliche Wellenlängen der FTIR-(Fourier-Transform-Infrarot)-Spektroskopie im Bereich zwischen 2 – 15 µm. Das wirft die Frage auf, wie sich mit so langen Wellen um ein vielfaches kleinere Nanostrukturen erfassen lassen. Die Antwort liegt in einem Trick, der Experten als streuende Nahfeldmikroskopie geläufig ist. Kraemer erklärt ihn so: „Wir richten den Laser auf eine extrem scharfe, lichtstreuende Spitze und erzeugen so einen nanoskaligen Nahfeld-Fokus. Dadurch wird die Auflösung von der verwendeten Wellenlänge entkoppelt“. Zudem erfüllt die Spitze eine Doppelfunktion, indem sie auch die von der Probe emittierten Spektren detektiert. Des Pudels Kern ist hierbei die Signaltrennung von eingeleitetem und reflektiertem Licht. Hier sei attocube führend.

Mit dem Nano-FTIR-Verfahren können einzelne Nanostrukturen mit sichtbaren, infrarotem Licht und sogar im Terahertz-Spektralbereich untersucht werden. Und da keine aggressive kurzwellige UV-Strahlung eingesetzt wird, sind hochsensitive, zerstörungsfreie chemische Analysen im niedrigen zweistelligen Nanometer-Längenbereich möglich. „Besonders elegant ist dabei, dass sich die Materialien anhand ihrer spektralen Signaturen aus dem Bereich der konventionellen IR-Spektroskopie eindeutig identifizieren lassen“, sagt Kraemer. Das sei der Schlüssel zu multimodaler Analytik; unter anderem werde so die zeitaufgelöste Pump-Probe-Spektroskopie für Anwender in der Nanoforschung zugänglich.

© © attocube

Auf der LASER World of PHOTONICS 2022 wird attocube allerdings andere Schwerpunkte setzen. Einer davon ist die Quantentechnologie, in der die Ursprünge des Unternehmens liegen. Weil Nanopositionierer für Tiefsttemperatur-Bereiche fehlten, um Quantum-Dots zu fixieren, entwickelte der Gründer Prof. Khaled Karraï sie kurzerhand selbst. Und weil Nano-Positionierung nur in Verbindung mit hochpräziser Messtechnik machbar ist, folgten weitere Patente für 3-Achs-Interferometer auf Basis fasergekoppelter Diodenlaser. Sie waren in der Lage, Signalveränderungen pm-genau zu erfassen und dank der faserbasierten Messungen äußerst robust gegen Umwelteinflüsse. Für die LASER kündigt Kraemer diverse Neuheiten im Bereich tieftemperaturtauglicher Komponenten und optischer Kryostate an. Darunter ein äußerst kompaktes Kühlsystem mit mobilem Kompressor. „Es löst die Abhängigkeit von aufwendiger Laborinfrastruktur und ebnet quantentechnologischen Anwendungen damit den Weg ins industrielle Umfeld“, verrät er.

Zukunftslösungen für die Schwingungsanalytik

Während attocube multimodale Materialanalytik ermöglicht, treiben SmarAct und die SIOS Meßtechnik GmbH Schwingungsanalysen im Nanokosmos voran. Hierfür bietet SmarAct das „PicoScale Vibrometer“ mit Messbandbreiten bis 2,5 MHz und <1 Pikometer (pm) Auflösung an. Damit lassen sich Schwingungsmoden winziger Bauteile untersuchen. Die Messungen basieren laut Semjon Köhnke aus dem technischen Vertrieb des Unternehmens auf einer interferometrischen Positionserfassung mit einer Frequenz von 2,5 MHz, die jede noch so kleine Positionsänderung erfasst. Das Laser-Vibrometer rastere die Probenfläche ab und mache so die Schwingungsmoden sichtbar. Für MEMS-(Micro-Electric-Mechanical-Systems)-Hersteller ist das Verfahren wichtig, um die Funktion miniaturisierter Mikrofone, Lautsprecher, Ultraschallwandler oder Beschleunigungs- und Drehsensoren zu überprüfen. Um auch sehr niedrige Frequenzen erfassen zu können, setze man anstelle der herkömmlichen Doppler-Vibrometrie auf das Michelson-Prinzip, das die Positionsänderungen über die Zeit erfasse. Zudem liefere das Verfahren topographische Bilder des Messobjekts. Die Kombination eines NIR-Lasers mit einer Konfokal-Optik ermögliche es, sogar die Innenstrukturen gekapselter MEMS durch deren für NIR-Wellenlängen teildurchlässige Siliziumschichten zu untersuchen.

Auch SIOS bietet Lösungen für die laser-interferometrische Vibrometrie mit Auflösungen bis weit in den Pikometerbereich. Einsatzgebiete: Forschungslabors, Teilchenbeschleuniger und Synchrotrons. „Während die Forschungsprojekte häufig der Geheimhaltung unterliegen, ist das Bild im industriellen Bereich klarer“, erklärt Sales Manager Peter Grundschok. Hier nutze die Kundschaft die ultrapräzise Analytik für die Optimierung des Schwingungsverhaltens von Maschinenkomponenten, beim Haptik-Design von Touchscreens und anderen funktionalen Oberflächen sowie zur Auslegung von Mikromembranen in Hörgeräten, In-Ear-Kopfhörern und mobilen Endgeräten. Zur LASER vom 26.-29. April werde SIOS zwar nicht die ganze Palette an längen- und schwingungsmessenden Geräten mitbringen, doch dafür stelle man die ein oder andere Neuheit vor. „Darunter ein sehr kompakter frequenzstabilisierter Helium-Neon-(HeNe-)-Laser, mit dessen Entwicklung wir dem Trend zur Miniaturisierung von Messgeräten Rechnung tragen“, berichtet er.