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Markt für Quantentechnologien formiert sich

Laut dem jüngst erschienenen McKinsey Quantum Technology Monitor 2024 können die Quantentechnologien bis 2035 Werte in Höhe mehrerer Billionen Dollar schaffen.

Allein für die vier wichtigsten Anwendermärkte des Quantencomputings – Biowissenschaften, Chemie, Mobilität und Finanzwesen – prognostiziert der Quantum Technology Monitor 2024 ein Wertschöpfungspotenzial von bis zu zwei Billionen US-Dollar bis Mitte des nächsten Jahrzehnts. Hinzu kämen Umsatzpotenziale in der Quantenkommunikation und -sensorik. In der fortlaufenden Marktuntersuchung analysiert die Strategieberatung jeweils den Reifegrad der Quantenindustrien, die Investitionen und das Feld der handelnden Akteure.

Laut aktuellem Monitor sind die Gesamtinvestitionen in Quantentechnologie-Startups letztes Jahr um ein Viertel auf 1,7 Milliarden Dollar gesunken. Doch wer zu diesem frühen Zeitpunkt private Mittel in dieses komplexe Feld investiere, habe sich intensiv mit der Technologie und ihren Möglichkeiten beschäftigt. Die Investitionssumme zeuge von großem Vertrauen in den Zukunftsmarkt Quantentechnologien.

Öffentliche Investitionen nehmen zu

Vor allem in Folge neuer staatlicher Förderprogramme in Deutschland, Großbritannien, Südkorea und Indien stieg die globale öffentliche Finanzierung auf gut 43 Milliarden Dollar. Deutschland ist laut Studie bei den öffentlichen Investitionen auf den zweiten Platz hinter China aufgerückt. Positiv vermerkt der Quantum Technology Monitor zudem, dass 2023 weltweit 367.000 Nachwuchskräfte ihr Studium in quantentechnologie-relevanten Fächern abgeschlossen haben. Immer mehr Universitäten böten spezifische Qualifizierungen an. So gebe es mittlerweile 55 Masterstudiengänge und Quantentechnologie-Forschungsgruppen an 195 Universitäten weltweit. Die Europäische Union liege hier ebenso wie bei der Anzahl der erteilten Patente vorn.

Gerade in Deutschland formiert sich der Markt. Nachdem die Bundesregierung im April 2023 das „Handlungskonzept Quantentechnologien“ mit einem Fördervolumen von drei Milliarden Euro beschlossen hat, um Quantentechnologien in Wirtschaft, Gesellschaft und staatlichen Institutionen zur Anwendung zu bringen, formieren sich bundesweit Cluster und Netzwerke. Die Bundesregierung hat das Ziel ausgegeben, bis 2026 einen leistungsfähigen universellen Quantenrechner zu entwickeln und in den Quantentechnologien zur den Technologieführern USA, China und Großbritannien aufzuschließen.

Koordiniertes Vorgehen in Deutschland

Seit dem Beschluss der Bundesregierung haben die Aktivitäten auch auf Länderebene stark zugenommen. Cluster wie QuantumBW in Baden-Württemberg, die Berlin Quantum Alliance (BQA), des Quantum Hub Thüringen, „EIN Quantum NRW“ oder das Munich Quantum Valley (MQV) bringen Forschungsinstitute, Hochschulen, Startups und etablierte Unternehmen mit Akteuren aus Anwenderbranchen sowie aus der Politik und Wirtschaftsförderung zusammen, um die vorhandenen Kräfte zu bündeln und die Entwicklung der Quantentechnologien gezielt zu forcieren. Um klare Ziele zu formulieren und die bereits vorhandene Basis zu analysieren, stoßen die Cluster Roadmapping-Prozesse an. Geschäfts- und Koordinierungsstellen dienen als zentrale Ansprechpartner. Das übergeordnete Ziel ist der effiziente Wissenstransfer von der Forschung in die Industrie. Zugleich geht es darum, Bildungsangebote an Schulen und Hochschulen zu schaffen und Angebote der beruflichen Ausbildung für den Zukunftsmarkt Quantentechnologien zu entwickeln.

Bei alledem setzen die Cluster unterschiedliche Schwerpunkte. Das Munich Quantum Valley fördert die Quantenwissenschaften und Quantentechnologien in Bayern mit dem primären Ziel, wettbewerbsfähige Quantencomputer zu entwickeln und zu betreiben. Parallel widmet sich das Quanten-Netzwerk im Großraum München (MuQuaNet) dem Aufbau, Test und Forschungsbetrieb eines Quantenkommunikationsnetzes mit ausgewählten Anwendungen sowie der Entwicklung zukunftssicherer, resistenter kryptographischer Verfahren. Hier geht es um praktikable Verfahren zur Quantum Key Distribution für die Quantenkommunikation.

Keimzelle für länderübergreifendes Quanteninternet

„EIN Quantum NRW“ setzt ähnliche Schwerpunkte. Unter anderem treibt Forschungszentrum Jülich mit dem Siegener Startup eleQtron im Projekt EPIQ einen modularen Rechner voran, der ein Quantenmodul mit einem klassischen digitalen Modul verbindet. Das Kürzel EPIQ steht für „Entwicklungspartnerschaft Ionenfallen-Quantencomputer in NRW“. In diesem so genannten Ionenfallen-Quantencomputer rechnen die Qubits mit Hilfe einer revolutionären Mikrowellen-Steuerung, die an der Universität Siegen erfunden wurde. Weitere Projekte der Netzwerkpartner widmen sich der Quanten-Optischen Coherence Tomographie (OCT) mit verschränkten Photonen verschiedener Wellenlängen sowie quantenbasierter Messtechnik. Ein zentrales Projekt aus Nordrhein-Westfalen dient dem Aufbau eines länderübergreifenden Quantennetzwerks. Der Austausch von verschränkten Quanten über ein herkömmliches Glasfasernetz zwischen den beiden ersten niederländischen Netzwerkknoten in Den Haag und Delft ist bereits gelungen. Im nächsten Schritt entsteht ein dritter Knoten in Aachen. Das Fernziel: „Am Ende wollen wir möglichst früh Teil eines globalen Netzwerks werden, wie wir es mit unseren europäischen Partnern in der Quantum Internet Alliance vorantreiben“, sagt Dr. Bernd Jungbluth, der die Quanten-Roadmap NRW koordiniert. Zugleich wirkt er als Forscher am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT unmittelbar am Aufbau dieser Keimzelle eines länderübergreifenden Quanteninternets mit: seine Forschungsgruppe entwickelt hierfür benötigte photonische Schlüsselkomponenten.

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