Laser und andere photonische Systeme sind Enabler der zweiten Quantenrevolution. Führende Anbieter berichten von stark ansteigender Nachfrage.
Bevor Prof. Theodor W. Hänsch im Jahr 2005 den Physik-Nobelpreis für seine Beiträge zur hochpräzisen Laserspektroskopie und optischen Frequenzkamm-Technologie erhielt, zählte der damalige Direktor des Max-Planck-Institut für Quantenoptik zum Gründerkreis der Menlo Systems GmbH. Das damalige Start-up hat heute mehr als 100 Beschäftigte und gehört mit seinem Angebot an optischen Frequenzkämmen, ultrastabilen Lasern und Quanten-Laser-Systemen zu den global führenden Akteuren im Zukunftsmarkt Quantentechnologien. Laut Dr. Benjamin Sprenger, Experte für Quantentechnologie und Metrologie bei Menlo Systems, sind photonische Lösungen des Unternehmens heute auf sechs Kontinenten und in allen vier Säulen des Zukunftsmarktes im Einsatz: „Wir haben Kunden in der Quantenkommunikation, Quantensimulation, im Quantencomputing und in der Quantensensorik und sehen in jedem dieser vier Bereiche hohe Marktchancen für photonische Lösungen“, erklärt er.
Nachdem die Anwendung quantenmechanischer Prozesse in der ersten Quantenrevolution den Weg für Laser, Computerchips, Transistoren und andere Halbleitertechnik sowie für die moderne Medizin- und Kommunikationstechnik ebnete, lösen das steigende Verständnis und die immer präziseren Steuerungsmöglichkeiten von photonischen Lösungen nun die zweite Quantenrevolution aus. Mit Lasern ist es möglich, Quanteneffekte aktiv zu kontrollieren, statt sie nur zu nutzen. Laser können Atome und Ionen bis nahe an den absoluten Nullpunkt (0 Kelvin oder -273,15 °C) abkühlen, mit Laserlicht lassen sie sich einfangen und es ist möglich, sie zu bewegen und zu positionieren. Hochaufgelöste Laserspektroskopie und die besagten optischen Frequenzkämme erlauben – ebenfalls auf Basis von Lasertechnik – hochpräzise Frequenz- und Entfernungsmessungen oder auch die Bestimmung von Protonenradien im Atomkern.
Kurz: Lasersysteme bieten als Enabling Technologies überhaupt erst die nötige Präzision, um Quantenzustände kontrollierbar – und so für Computing, Simulation, Kommunikation und Sensorik nutzbar zu machen. Dafür müssen sie laut Sprenger hohe Anforderungen erfüllen: „Lasersysteme für das Quanten-Computing müssen beispielsweise äußerst rauscharm sein – und im Idealfall sollten alle benötigten, jeweils auf die atomaren Übergänge gestimmten Laser per Glasfaser zum Experiment gelangen“, erklärt er. Gerade im ultravioletten Bereich sei das noch eine Herausforderung und erfordere neue Entwicklung und Verbesserung der bisher verfügbaren Lösungen. Denn wie in vielen anderen Anwendungsfeldern gelte es auch bei den komplexen Lasersystemen in den Quantentechnologien einen robusten 24/7 Betrieb zu gewährleisten.
Unternehmen wie Menlo Systems, die TOPTICA AG samt Tochter TOPTICA eagleyard oder die Berliner PicoQuant GmbH haben Ursprünge in renommierten Forschungsinstituten sind um die 25 Jahre im Markt und mittlerweile jeweils auf eine dreistellige Zahl hoch qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewachsen. Und weil ihre Lösungen weltweit gefragt sind, um quantenoptische Forschung und Entwicklung voranzutreiben, setzt sich ihr dynamisches Wachstum sowohl wirtschaftlich als auch personell fort. Dutzende offene Stellen zeugen von der positiven Entwicklung. Der neue Ausstellungsbereich “World of QUANTUM” der LASER World of PHOTONICS (26. – 29. April 2022) bietet interessierten Anwendern und Bewerbern die Chance, diese und weitere führende Akteure aus den Quantentechnologien zu treffen. „Wir werden in München unsere neuesten Entwicklungen und Produkte zeigen“, verspricht Menlo-Experte Sprenger.
Seit ihrem Start in 2011 ist auch MuQuans (µQuans), ein Spin-Off des Institut d’Optique d’Aquitaine in Bordeaux, zum wichtigen Wegbereiter quantentechnologischer Applikationen gereift. So wird ihr Absolutes Quantengravimeter von italienischen Geophysikern für ein umfassendes Schwerkraft-Monitoring des aktiven Vulkan Ätna genutzt. Laser von µQuans sind auch beim Partnerunternehmen Pasqal im Einsatz, das einen weltweit vielbeachteten photonischen Ansatz für das Quantencomputing entwickelt. Ziel ist eine Quantenplattform, die Quantensimulationen und -berechnungen durchführen kann. Dafür setzt Pasqal auf die Quantenmanipulation von Rydberg-Atomen mit Laserlicht. Laut µQuans-Gründer Bruno Desruelle arbeiten die Partner daran, jene Lasertechnologien, die im Quantengravimeter verbaut sind, an die spezifischen Anforderungen der Pasqal-Plattform anzupassen. „Damit erhalten sie Zugang zu Systemen, die unter Betriebsbedingungen für Quantentechnologien validiert wurden und einzigartige Leistungen, Robustheit und Zuverlässigkeit nachgewiesen haben“, betont er.
Desruelle ist vom Potenzial photonischer Lösungen für die Quantentechnologien überzeugt: „Laser können in verschiedenen Bereichen eine Schlüsselrolle spielen, da sie hocheffiziente Manipulationen von Quantenobjekten ermöglichen. Sei es Quantensensorik mit Gravimetern oder Trägheitssensoren, sei es die Zeit- und Frequenzmessung mit Atomuhren oder sei es in der Quantenkommunikation und Quanteninformationsverarbeitung“, erklärt er. Gerade für die letztgenannten Anwendungen seien Laser bei fast allen in Betracht gezogenen Ansätzen die Enabler-Technologie, ob diese nun auf Ionen, Rydberg-Atomen oder auf eingeschlossenen Photonen basierten. Das treibe die Nachfrage nach quantenspezifischen Lasersystemen und optischen Lösungen. „Wir sehen enorme Aktivität – in der Wissenschaft mit einer Fülle an spannenden Forschungsprojekten und in der wachsenden Quantenindustrie, die von hoch dynamischen Start-ups angetrieben wird“, berichtet er.
Eines dieser Start-ups ist die Quantum Optics Jena (QUJ), eine Ausgründung des dortigen Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik (IOF). Die Gründer, Dr. Oliver de Vries und Dr. Kevin Füchsel wirkten am IOF in diversen Forschungsprojekten mit und treiben nun ihrer Produktentwicklung voran. Erstes Produkt ist eine miniaturisierte Quelle für verschränkte Photonen: Verschränkung, die Einstein einst „spukhaft“ nannte, bezeichnet die Verbindung des quantenmechanischen Zustands eines Teilchenpaares, die auch bestehen bleibt, wenn beide Teilchen weit voneinander entfernt sind. Das Gründerteam hat Quanten-Computer, Quantenkommunikation sowie Quanten-Sensorik und -Imaging im Fokus.
Zunächst hat für uns die Quantenkommunikation Vorrang, da wir hier die ersten marktreifen Applikationen erwarten“, erklärt Füchsel. Mit den verschränkten Photonen realisiert QUJ Systeme zur Quantenschlüsselverteilung (QKD – von Quantum Key Distribution), mit der Kommunikation über Glasfasern oder per Laser ins All abgesichert werden soll. Ihre Lösung generiert einige Millionen verschränkte Photonenpaare pro Sekunde, die dank der heute machbaren nanosekundengenauen Auflösung und hochpräzisen Polarisationsmessungen exakt zuordbar sind. Die Gründer entwickeln auch dafür Lösungen. „Zusätzlich realisieren wir Software, um die Informationsverarbeitung von der Detektion der Quantenzustände bis zur Nutzung des generierten Schüsselmaterials zu ermöglichen“, erklärt er.
Ob fasergestützte Kommunikation oder laserbasierte Datenübertragung von Satelliten zur Erde und umgekehrt: weltweit arbeiten Forscherteams daran, Quantentechnologien für eine rundum abgesicherte, verlässliche optische Kommunikation nutzbar zu machen. Was klingt, wie Science-Fiction, ist erstaunlich konkret. Die Forscher beschäftigen sich mit der Frage, wie Staub und Wolken die Kommunikation beeinflussen, wie groß die Empfangsteleskope auf der Erde und im All optimalerweise sein sollten und wie verlässlich die Übertragung der Quantenschlüssel über dutzende Kilometer in den Orbit oder über hunderte und tausende Kilometer ins All sein wird. Klar ist schon jetzt: Der Weg zu praktikablen Antworten führt über den Einsatz von Lasern und anderen photonischen Technologien.