EN

Scan-Systemen kommt in vernetzten Laserprozessen zentrale Rolle zu

SCANLABs Geschäftsführung
© Messe München
SCANLABs Geschäftsführung: Christian Huttenloher, Operations (links) und Georg Hofner, Sprecher der Geschäftsführung (rechts)

Binnen 30 Jahren hat sich SCANLAB vom Start-up mit einer Handvoll Mitarbeitern zu einem global agierenden Mittelständler mit rund 380 Mitarbeitern entwickelt, der über 35.000 Scan-Systeme jährlich produziert. Im Interview blickt Georg Hofner, Sprecher der Geschäftsführung, auf seine erste LASER World of PHOTONICS im Jahr 1995 zu-rück, zeichnet die technologische Entwicklung hin zu Hochleistungs-Galvanometer-Scannern und dem Einsatz von diffraktiven optischen Elementen nach – und spricht über das Potenzial sensorisch qualitätsüberwachter Prozesse im Additive Manufac-turing (AM) und im Remote-Laserschweißen.

Glückwunsch zum 30. Firmenjubiläum Herr Hofner! Wie hat SCANLAB seinerzeit angefangen?

Georg Hofner: Leider konnten wir coronabedingt gar nicht richtig feiern. Aber trotzdem danke. Unser Start ging 1990 auf Dr. Hans Langer zurück, den Geschäftsführer des 3D-Druckspezialisten EOS. Er war zuvor European Manager bei General Scanning und wollte dort einen Kurs in Richtung 3D-Druck einschlagen. Als das auf wenig Gegenliebe stieß, hat er EOS gegründet. Parallel hat er die Gründung von SCANLAB angeschoben, um für die Strahlführung in 3D-Druckanlagen geeignete Scan-Köpfe zu entwickeln. Anfangs war es ein kleines, auf Forschung und Entwicklung konzentriertes Team. Als ich 1995 dazu stieß, waren wir kaum zehn Mitarbeiter, Untermieter bei EOS und erstmals auf Wachstumskurs. Eine meiner ersten Aufgaben war es, einen Stand auf der LASER World of PHOTONICS zu planen, wo wir dann erstmals unseren eigenentwickelten Scan-Kopf mit elektronischer Ansteuerung vor einem breiteren Publikum vorgestellt haben.

Daraus hat sich bis heute eine breite Palette an Scan-Lösungen entwickelt. Was waren rückblickend die wichtigsten Meilensteine?

Hofner: Tatsächlich hatten wir über Jahre hinweg eine sehr kontinuierliche Aufwärtsentwicklung, in der wir nach und nach internationale Märkte erschlossen und in immer mehr Branchen Fuß gefasst haben. Teils hat der Zufall geholfen. So begann unser heute sehr wichtiges Engagement in China damit, dass wir eine Absolventin mit chinesischem Hintergrund eingestellt haben. Es war gar nicht geplant, sie dort einzusetzen. Aber sie hat die Initiative ergriffen und erste chinesische Kunden akquiriert. Technologisch gehören sicher unsere Ansteuerungsplattformen für Scan-Systeme zu den Meilensteinen. Erste Schritte sind wir schon 1994 mit der Ansteuer-Karte RTC 1000 gegangen. Mittlerweile sind wir in der siebten Generation solcher Karten angekommen, die hochdynamische Scan-Systeme steuert. Mit ihren heutigen Funktionen liefern sie wichtige Grundlagen für eine vernetzte Fertigung in der Industrie 4.0. Weitere Meilensteine waren der Wechsel von analogen zu digitalen Reglern in unseren Scan-Köpfen, sowie die Entwicklung digitaler Positionsdetektoren, mit denen wir bis dahin unerreichte Präzision und Auflösungen in der Wegemessung erreicht haben.

Heutige Galvanometer-Scanner lenken Laserstrahlen rasend schnell in höchster Präzision und Wiederholbarkeit an ihr Ziel. Wo liegen die Einsatzgebiete?

Hofner: Das ist ein breites Spektrum. Natürlich sind wir unseren Anfängen im Additive Manufacturing treu geblieben. Aber sie kommen auch in den verschiedensten Anwendungen der Laserbeschriftung und Lasergravur, in der Mikrobearbeitung mit Ultrakurzpulslasern oder in der Fertigung von Displays und Smart Devices zum Einsatz. Unsere Schwesterfirma Blackbird Robotersysteme integriert unsere Scan-Lösungen in robotergestützte Remote-Laserschweißanlagen. Wichtig ist auch der medizintechnische Bereich, wo unsere Systeme unter anderem für Präzision in der Augenchirurgie sorgen. All diese Anwendungen eint ihre hohe Anforderung an Dynamik und Präzision. Scan-Systeme gewährleisten sie, indem sie das masselose Werkzeug Licht optimal zum Einsatz bringen. Statt Laser oder Werkstücke bewegen zu müssen, lenken sie den Laserstrahl über sehr leichte Spiegel hochdynamisch aufs Werkstück. Die Möglichkeiten der digitalen Steuerung sorgen für stetig steigende Präzision und für einen homogenen Energieeintrag, der für ein einheitliches Schriftbild bei dekorativen Beschriftungen ebenso wichtig ist, wie für die Qualität von additiv gefertigten Bauteilen, Schweißnähten oder hochfrequenten Mikrobohrungen etwa für die Kontaktierung von Smart Devices. Weitere Einsatzgebiete finden sich im Bereich von µm-Bohrungen für Einspritzsysteme und mittlerweile vermehrt in der Batterie- und Brennstoffzellenfertigung. Anwender fordern Dreierlei: Hohe Wiederholbarkeit, maximale Dynamik im Sinne hoher Produktivität sowie minimale Abweichung im Dauerbetrieb.

SCANLAB hat ein neues Schwesterunternehmen: Die auf diffraktive optische Elemente (DOE) spezialisierte HOLO/OR aus Israel. Was versprechen Sie sich von der DOE-Technologie?

Hofner: Einerseits ist der DOE-Markt an sich für unsere Holding interessant. Andererseits planen wir, diese Technologie auch in unsere Lösungen zu integrieren – gerade mit Blick auf die Strahlformung und die Strahlteilung…

…ist es denkbar, per Strahlteilung die Aufbauraten im Additive Manufacturing zu erhöhen?

Hofner: In die Richtung könnte es durchaus gehen. Die Möglichkeit, Laserstrahlen mithilfe von DOEs zu duplizieren oder zu vervielfältigen, könnte für einige AM-Anwendungen interessant werden. Wobei dafür noch erheblicher Entwicklungsbedarf besteht. Angesichts der immer höheren Laserleistungen ist es auch für andere Anwendungen denkbar, den Strahl im Sinne parallelisierter Bearbeitung zu teilen, um so den Durchsatz zu erhöhen. Bei der Strahlformung mit DOEs geht es darum, Intensitätsprofile des Laserstrahls noch besser und präziser an die jeweiligen Applikationen anpassen zu können. Hier rechnen wir schneller mit marktfähigen Lösungen, als im Bereich der Strahlteilung.

Viele Ihrer Zielbranchen treiben digital vernetzte, qualitätsüberwachte 4.0-Prozesse voran. Wie können Ihre Scan-Systeme dazu beitragen?

Hofner: Um einen Laserprozess optimal zu steuern, können sie die Laserleistung, die Strahlintensität auf dem Bauteil oder über die Bearbeitungsgeschwindigkeit die Einwirkzeit variieren. Zudem gilt es, die Pulsgeschwindigkeit des Lasers und die Scan-Strategie optimal aufeinander abzustimmen. All das ist wichtig, um beispielsweise saubere Kurven- und Eckenverläufe zu erreichen. Ohne Regelung käme es dort, wo der Laser langsam vorankommt, zu stark erhöhter thermischer Belastung. Aktuell arbeitet unsere Branche intensiv daran, die Prozesse mithilfe von Sensoren – ob Pyrometer, Kameras oder OCT-(Optische Kohärenztomo-grafie)-Systeme – lückenlos zu überwachen. Wir selbst arbeiten zum Beispiel im AM-Bereich an der direkten Interaktion unserer Scan-Systeme mit externen Sensoren.

Sind Systeme denkbar, die Sensordaten in Echtzeit in die Scanner-Regelung einbeziehen und so ein fortlaufendes Nachsteuern von Laserprozessen ermöglichen?

Hofner: Eine solche aktive Prozesssteuerung ist auf jeden Fall ein Zukunftsziel. Gegenwärtig hilft es den Anwendern aber auch schon weiter, wenn wir ihnen statische oder quasi-statische Prozessdaten zur Verfügung stellen…

Was bedeutet das?

Hofner: Wir wissen, wann der Laserstrahl in welcher Intensität an welcher Bauteilposition war. Und wir können beispielsweise mit Pyrometern zugleich die Temperatur messen. Gibt es auf der Zeitachse ein Ereignis, das auf einen Fehler hindeutet, können sich Qualitätsprüfer bei statischen Systemen im Nachgang anhand der Prozessdaten gezielt die betroffene Stelle anschauen. Quasistatische Lösungen ermöglichen es, den Prozess nach dem Auftreten eines Ereignisses direkt nachzusteuern. Wenn es etwa im 3D-Druck in einer Pulverschicht zum erhöhten Energieeintrag kommt, könnte das Problem beim folgenden Durchlauf durch Anpassen der Parameter behoben werden. Das Ziel sind hochdynamische Systeme, die den Laserprozess permanent in Echtzeit nachsteuern – und dafür alle einlaufenden Sensordaten fortlaufend analysieren. Der datentechnische Aufwand und der Synchronisierungsaufwand ist enorm, aber wir machen uns intensive Gedanken über mögliche Architekturen für solche sensorgesteuerten Echtzeitprozesse. Denn dem Scan-System kommt in solchen vernetzten Systemen eine zentrale Rolle zu, da es alle notwendigen Informationen über den Laserstrahl hat.

In welchen Märkten sehen Sie Wachstumspotenzial für solche vernetzten Lösungen?

Hofner: Überall dort, wo Laserverfahren in Fertigungslinien mit hohem Durchsatz eingesetzt werden. Das ist heute bei Displays und Smart Devices der Fall, in der Fertigung von Automobilen und Batterien – und künftig wird es möglicherweise auch hochautomatisierte 3D-Druck-Fabriken geben. Ich denke, damit sind die wichtigsten Zielmärkte für vernetzte, qualitätsgesicherte 4.0-Prozesse benannt.