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„Aufbruch zur Industrie 4.0 ist in vollem Gange“

Prof. Christoph Leyens, Leiter des Fraunhofer Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik IWS Dresden und Leiter der Lasers in Manufacturing (LiM) 2023 spricht über den Trend zu digital vernetzten, immer präziser steuerbaren Prozessen in der Lasermaterialbearbeitung, Potenziale der Strahlformung „on the fly“ und die Highlights der LiM 2023.

Wo setzt die LiM 2023 die inhaltlichen Schwerpunkte?

Das Vortragsprogramm deckt ganz grundsätzlich drei Themenfelder ab: Lasermaterialbearbeitung auf der Mikro- und auf der Makroebene sowie Additive Fertigung. Zur Materialbearbeitung zählen das Fügen, Trennen und Bohren sowie Laserverfahren zur Oberflächenbehandlung wie das Beschichten oder Strukturieren. Auffällig ist, wie viele Vorträge es diesmal zur Frage der Prozesskontrolle gibt. Es geht um robuste, gut kontrollierbare digital vernetze Prozesse und Prozessketten. Auch fällt auf, dass die Materialpalette breiter wird. Positiv überrascht hat uns, wie viele Vorträge zur Laserbearbeitung von transparenten Materialien, Halbleitern und keramischen Werkstoffen eingereicht wurden. Allein hierzu gibt es drei Vortragssessions. Bleibt noch die lasergestützte Additive Fertigung in Pulverbett- und Laserauftragsschweißverfahren. Auch hier richten die Vorträge den Fokus auf die Digitalisierung. Es geht um optimierte Prozesskontrolle, den Einsatz von Modellierung und Simulation sowie um die intelligente Verknüpfung der Laserprozesse mit den vor- und nachgelagerten Bearbeitungsschritten. Der Aufbruch in die Industrie 4.0 ist in vollem Gange.

Gibt es in Ihrem Segment der Photonik gerade spannende Technologietrends?

Da fallen mir auf Anhieb Hochleistungslaser im Leistungsbereich von deutlich über zehn Kilowatt ein. Sie erlauben in der Materialbearbeitung hohe Bearbeitungs- und Prozessgeschwindigkeiten. Infolge des technologischen Fortschritts und zunehmenden internationalen Wettbewerbs wird Laserleistung immer günstiger – wir reden hier von einigen Tausend statt Zehntausend Euro je Kilowatt. Ein zweiter großer Trend, der vor allem durch die Elektromobilität getrieben wird, ist der Einsatz von grünen und blauen Lasern. Deren Wellenlängen eignen sich besonders zur Bearbeitung von Kupfer, die im Zuge der Elektrifizierung für immer mehr Branchen wichtig ist. Mit der richtigen Laserstrahlquelle sind komplexe Kupferbauteile auch in additiven Verfahren herstellbar. Als dritten Trend würde ich noch den immer präziser steuerbaren Energieeintrag bei der Lasermaterialbearbeitung durch intelligente Strahlformungsstrategien nennen. Wenn sich die Strahlformung „on-the-fly“ an den laufenden Prozess anpassen lässt, sinkt die thermische Belastung am Einwirkpunkt des Lasers und steigt die Bearbeitungsqualität. Dieses „Dynamic Beam Shaping“ ist beispielsweise sinnvoll, wenn sich bei Konturschnitten gerade Schnitte und enge Kurven abwechseln. Auch für variierende Materialien und Materialstärken oder das Laserhärten komplexer Bauteile sind dynamische Strahlformungsstrategien gefragt. Denn damit lassen sich Prozessgeschwindigkeiten ausreizen, ohne Einbußen bei der Qualität hinnehmen zu müssen. Laserbearbeitung wird damit zugleich präziser und produktiver.

Gibt es auf Ihrer Konferenz Highlights, auf die Sie die LASER-Community hinweisen möchten?

Ich persönlich bin sehr auf die Vorträge zur Laserbearbeitung von Halbleitern und transparenten Materialien gespannt. Und natürlich freuen wir uns auf unsere beiden Keynotes, die diesmal von zwei ausgewiesenen Expertinnen aus der Industrie und der industrienahen Forschung kommen. Dr. Maria Farsari, Forschungsdirektorin am griechischen Institut für Elektronische Struktur und Laser, IESL-FORTH, spricht über die Forschung in ihrer auf nichtlineare Lithografie spezialisierten Gruppe und die Möglichkeiten des 3D-Mikro- und Nanoprintings. Valeria Tirelli widmet sich dem Potenzial additiver Verfahren für die Fertigung hochkomplexer Hydraulik-Komponenten. Sie ist CEO des italienischen Unternehmens Aidro Hydraulics & 3D Printing, das in diesem Anwendungsbereich eine hervorragende Reputation hat. Wir freuen uns darüber, dass die LiM 2023 insgesamt eine sehr internationale Konferenz mit Vorträgen aus den USA, Japan und allen Teilen Europas sein wird. Und es geht nicht nur international, sondern auch interdisziplinär zu. Das gilt vor allem für unsere Joint Session mit der CLEO zur Light-Matter-Interaktion: Wie das Licht die Materie trifft, so trifft in dieser Session Grundlagenforschung auf Anwendung. Auch darauf bin ich sehr gespannt!

Alles weitere zur LiM 2023 erfahren Sie unter wlt.de/lim-conference.