Die European Quantum Electronics Conference – EQEC 2025 bietet tiefe Einblicke in Phänomene auf kürzesten Zeitskalen und kleinsten Dimensionen. In unserem Interview stellen die EQEC-Vorsitzenden Aleksandra Foltynowicz und Piotr Maslowski die neuesten technologischen Trends und einige herausragende Veranstaltungen der diesjährigen Konferenz vor.
Aleksandra Foltynowicz, Professorin und Leiterin der Gruppe Optische Frequenzkamm-Spektroskopie in der Abteilung Physik, Universität Umeå, Schweden
Piotr Maslowski, Direktor Physikalisches Institut an der Fakultät für Physik, Astronomie & Informatik der Nicolaus Copernicus Universität in Torun, Polen
Wo setzt die EQEC 2025 die inhaltlichen Schwerpunkte?
Foltynowicz: Ich sehe drei Schwerpunkte: Attosekundenphysik, Quantentechnologien und Nanophotonik. Der erste Schwerpunkt ergibt sich schon daraus, dass unsere Plenarsprecher Anne L’Huillier und Ferenc Krausz von ihrer mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichneten Attosekunden-Forschung berichten. Ferenc Krausz stellt Anwendungen in der medizinischen und biologischen Forschung vor. Anne L’Huillier wird darüber sprechen, wie sich mithilfe von Attosekunden-Laserpulsen die Dynamik von Elektronen untersuchen lässt.
Maslowski: In der Gesamtschau der EQEC-Vorträge gibt es einen inhaltlichen Fokus auf fundamentale Fragestellungen zu Phänomenen auf kürzesten Zeitskalen und in kleinsten Dimensionen – und zugleich Einblicke in praktische Anwendungen, die durch die Antworten auf diese Fragen möglich werden. Die beiden Plenarvorträge sind ein gutes Beispiel dafür. Sie schlagen eine Brücke von der Grundlagenforschung zur Anwendung und zum konkreten gesellschaftlichen Nutzen. Vieles, was auf der EQEC präsentiert wird, geht aus staatlich geförderter Forschung hervor. Unsere Konferenz zeigt, dass und inwiefern sich diese Forschung für Gesellschaften lohnt. Sie erweitert nicht nur unser theoretischen Wissen, sondern liefert die Basis für technischen Fortschritt. Dass zeigt sich in den Quantentechnologien, die in der Sensorik, Simulation und auch im Computing immer näher an marktreife Applikationen kommt. Wir sehen hier immer mehr Start-ups und Anwendungen, die den Schritt von den optischen Tischen in den Labors hin zum Produkt gehen. Es fließt zunehmend privates Risikokapital, was auf fortschreitende technologische Reife hindeutet. Nun wird es darauf ankommen, die Lösungen möglichst auf Chip-Level zu miniaturisieren, ihre Zuverlässigkeit, Robustheit gegenüber Umwelteinflüssen und ihre Energieeffizienz zu verbessern. Engineering-Aufgaben nehmen immer mehr Raum ein, weil die Grundlagenforschung der letzten Jahrzehnte viele offene Fragen klären konnte.
Foltynowicz: Wobei die EQEC auch die Quantentechnologie und die Nanophotonik von der Grundlagenforschung her betrachten und Forschungsfortschritte präsentieren wird. Wir sind eng mit der CLEO©/Europa verbunden, die sich traditionell etwas näher an der Anwendung bewegt. Allerdings nicht in dem Maße, wie die anderen Konferenzen des World of Photonics Congress oder die Application Panels nebenan auf der LASER, der World of Quantum oder der automatica. Wir sind schon die zwei Konferenzen mit der stärksten Verwurzelung in der Grundlagenforschung. Aber wir haben eine Keynote von Phillipe Bouyer aus Amsterdam mit dem Titel ‚Quantum Sensor with Matter-Waves: From Lab to Field‘ – es geht also genau um den Schritt, über den Piotr eben sprach. Passend zum UN-Jahr der Quantenwissenschaften und -technologien behandeln im Prinzip alle sechs Keynote-Vorträge Themen aus der Quantenforschung sowie der Nichtlinearen Optik und Nanophotonik. Ich hoffe, dass ich keinen davon verpasse. Jede und jeder von unseren Keynote-Speakern Maria Chekhova, Ralph Ernstorfer, Natalia Litchinitser, Miriam Vitiello, Jun Ye und natürlich Phillipe Bouyer wird spannende Einblicke liefern, die in ihrer Gesamtheit einen fantastischen Überblick über den aktuellen State-of-the-art in diesem Forschungsfeld liefern.
Welche Technologietrends sehen Sie?
Maslowski: Wenn ich einen Trend nennen sollte, der die drei genannten Schwerpunkte der EQEC 2025 verbindet, dann ist es der, dass unsere Community die Grenzen des Machbaren immer weiter verschiebt. Die Attosekundenphysik kann heute die elektronische Struktur von Materie auf atomarer und molekularer Ebene zeitlich auf der Attosekunden- und räumlich auf der Pikometer-Skala aufgelöst sichtbar machen. Die Quantensensorik hat mittlerweile eine Empfindlichkeit erreicht, die es uns ermöglicht, bisher als unmessbar geltende Phänomene zu erkennen und zu charakterisieren – beispielsweise winzige Schwankungen in Magnet- oder Gravitationsfeldern oder die Präsenz einzelner Atome und Moleküle. Dies eröffnet neue bahnbrechende Möglichkeiten von der Grundlagenphysik bis zur Diagnostik. Nanophotonik macht sie für die biomedizinische Forschung und andere Anwendungsfelder nutzbar, die der Menschheit bis vor wenigen Jahren verborgen waren. Das erweitert den Baukasten für neue Technologien und Anwendungen, ebenso wie der Werkzeugkasten der Forschung. Auf dieser Grundlage werden Lösungen und Produkte entstehen, die heute teils noch gar nicht kennen. Denken Sie an Atomuhren und die immer präziseren Frequenzkämme. Sie haben nicht nur eine noch genauere Positionierung von Satelliten und heutige Navigationssysteme ermöglicht, sondern ihre permanente Weiterentwicklung und stetige Erhöhung der Frequenz-Auflösung bringt uns in der Messtechnik tatsächlich um Größenordnungen voran. Hier möchte ich für die Keynote von Jun Ye werben, der tiefe Einblicke in diese wissenschaftliche Durchbrüche geben wird, an denen er direkt beteiligt ist. Es ist zu erwarten, dass sich daraus spannende Innovationen für den Mobilitätssektor ableiten lassen. Gerade weil die Innovationszyklen immer kürzer werden – dies auch getrieben vom rasch zunehmenden Einsatz von Artificial Intelligence – ist es so wichtig, dass unsere Konferenzen direkte Links von der Grundlagenforschung zur anwendungsnahen Forschung und Entwicklung schaffen. Dieser Transfer ist essenziell für das Innovationsgeschehen in der photonischen Industrie.
Gibt es auf Ihrer Konferenz Highlights, auf die Sie die Community der LASER und der World of Quantum hinweisen möchten?
Foltynowicz: Wo gerade das Stichwort Artificial Intelligence gefallen ist: Wir haben das Joint Symposium „PHOTONICS FOR AI“ im Programm und gehen davon aus, dass dieses Thema für die Konferenzen der nächsten Jahre immer relevanter wird, weil AI uns fantastische, hoch produktive Werkzeuge liefert. Zu den Highlights zählen natürlich auch die Plenarvorträge der beiden Nobelpreisträger. Wobei wir hier ein besonderes Angebot für PhD-Kandidatinnen und -Kandidaten haben. Anne L’Huillier hat sich bereiterklärt, nach ihrem Vortrag beim Career Event über ihre Karriere zu berichten und Fragen zu beantworten. Interessierte sollten sich schnell anmelden. Denn es können maximal 90 Personen teilnehmen. Ohnehin gibt es viele Angebote für Nachwuchskräfte, darunter Lunches, auf denen sie erfahrene Fachleute treffen können. Es gibt viele weitere Highlights. Der Blick in unser Programm lohnt sich. Denn das Angebot an Vorträgen und Events ist so breit, dass Sie ihren Besuch der CLEO®/Europe-EQEC vorab auf jeden Fall durchplanen sollten.
Das Programm und wichtige Informationen zur CLEO®/Europe-EQEC 2025 finden Sie hier.