Zunehmend vernetzte, immer präzisere Laserverfahren helfen, die harten Nüsse in der industriellen Fertigung zu knacken. Vom Fügen unterschiedlicher Werkstoffe über die Sensorintegration in Bauteile bis zur gezielten Funktionalisierung von Oberflächen.
Leichtbauer wissen um die Schwierigkeit, Stahl und Aluminium robust zu verbinden. Um das Gewicht und damit den Energiebedarf von Schiffen zu senken, haben auch Werften damit zu kämpfen. Da Schiffsrümpfe aus Stabilitätsgründen weiter aus Stahl bestehen, die Aufbauten aber zunehmend auf Aluminium basieren, sind dauerhaft feste Verbindungen gefragt, die ein Schiffsleben lang halten. Das Laser Zentrum Hannover (LZH) entwickelt dafür mit Coherent, Precitec, B.I.G. und weiteren Industriepartnern ein neues Laserschweißverfahren. Herzstück ist ein Laserprozesskopf, der kreuzende Laserstrahlen emittiert. Im Prozess gräbt sich unter der oberflächlichen Überlapp-Schweißnaht eine x-förmige Verankerung millimetertief in den Stahl-Aluminium-Verbund. Um auch bei etwaigen Varianzen im Werkstoff präzise steuern zu können, wie tief die form- und stoffschlüssige Hinterschneidung ins Material eindringt, wird der Prozess mithilfe von Spektralanalysen der Prozessemissionen sowie per Kurzkohärenz-Interferometrie genauestens überwacht.
Eine solche präzise messtechnische Überwachung von Laserprozessen, für die die Photonik das Instrumentarium liefert, zeichnet moderne laserbasierte Fertigungsverfahren aus. Damit wird die Vision einer vollvernetzten, hundert Prozent qualitätsüberwachten, datengesteuerten Industrie 4.0-Prozesswelt konkret. Ein Beispiel dafür liefert auch SCANLAB mit einem neuen Lasermikrobohrkopf, der mit einem optischen Messsystem von stoba Customized Machinery verbunden ist. Dessen Messdaten werden fortlaufend ausgewertet, um den Prozess schon bei minimalen Abweichungen vom Soll on-the-fly nachzujustieren. Weil sich so keine Fehler mehr einschleichen können, sinken der Kontrollaufwand und der Ausschuss erheblich, was das 5-Achs-Mikrobearbeitungssystem für den industriellen 24/7-Einsatz prädestiniert. Weil zugleich eine automatisierte Fertigteilkontrolle samt Dokumentation umgesetzt ist, kommt die Lösung der Vision nahezu eigenständiger Smart Factory-Prozesse schon erstaunlich nahe. Zumal sich eingesetzte Femtosekunden-Laser im Zusammenspiel mit den Messsystem die nötige Flexibilität für reibungslose Umrüstung beim Jobwechsel mitbringt.
Zur lückenlosen messtechnischen Überwachung gesellen sich neue Möglichkeiten bei der Strahlformung. So etwa Coherents Adjustable Ring Mode (ARM)-Technologie. Hier sendet ein Faserlaser einen zentralen Punkt, der von einem weiteren Laser-Lichtring umgeben ist. Leistung und Modulierung von Center- und Ringspot lassen sich unabhängig voneinander steuern und sie lassen sich unabhängig zu- und abschalten. Das ermöglicht es, auch sehr schwierige Metalle wie Kupfer hochpräzise und ohne Spritzer mit kostengünstigen Infrarot-(IR)-Lasern zu bearbeiten. Hintergrund: Weil Kupfer rotes Licht schlecht absorbiert, sind oft grüne oder blaue Festkörperlaser im Einsatz. Das ARM-Verfahren adressiert das Problem, indem der Ringstrahl das Metall vorwärmt und so dessen Absorptionsverhalten zugunsten des folgenden, präzisen Bearbeitungsprozesses mit dem Centerspot optimiert. Durch die flexible Strahlformung werden IR-Faserlaser zu einer praktikablen Technologiealternative, nach der beispielsweise die Automobilindustrie dringend sucht. Denn mit der Transformation zur Elektromobilität wird Kupfer zum Standardwerkstoff für Motoren, Batterien, Umrichter und deren Verkabelung. Die Branche braucht Lösungen, die Großserienprozessen gewachsen sind und trotz der üblichen Prozessgeschwindigkeiten von einigen Dezimetern pro Sekunde Materialverbindungen schaffen, die höchste Qualitätsansprüche erfüllen.
Welche Produktivitätspotenziale teils noch in Laserverfahren ruhen – und das sich diese mit Einfallsreichtum heben lassen, zeigen diverse aktuelle Projekte, die das Fraunhofer Institut für Lasertechnik (ILT) Aachen mit Partnern vorantreibt. Darunter die Hochraten-Laserablation per Ultrakurzpuls-(UKP)-Laser. Sie ist im Prinzip dafür prädestiniert, den Boden für qualitativ hochwertige Materialverbindungen zu bereiten – etwa beim Kontaktieren der Elektroden von Lithium-Ionen-Batterien. Die µm-dünnen Metallfolien werden in einem aufwändigen Prozess mit Aktivmaterial beschichtet, wobei für die Kontaktstellen bisher in regelmäßigen Abständen Lücken gelassen werden. Leichter wäre es, die Aktivpasten durchgängig aufzutragen und im Anschluss die Kontaktierungszonen freizulegen. UKP-Ablation wäre dazu geeignet, weil das kalte, hochpräzise Verfahren die hauchdünne Metallfolie nicht weiter schädigt. Doch bisher war der Ablationsprozess dafür zu langsam. Nicht so mit neuen Multi-Kilowatt-Lasern, die es auf rückstandfreie Abtragraten von bis zu 1760 mm³ pro Minute bringen – und damit für den industriellen Einsatz bereit sind.
Gleiches gilt für das exakt umgekehrte Verfahren: das ebenfalls am ILT entwickelte Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen (EHLA), bei dem Metallpulver per Laser im Luftstrom zur Schmelze gebracht – und auf Metalloberflächen aufgebracht wird. So lassen sich hochbeanspruchte Bauteilbereiche durch gezielten Auftrag von minimal 25 Mikrometer dünnen Schichten gegen Korrosion und Verschleiß immunisieren – mit Geschwindigkeiten von bis zu 500 Meter pro Minute. Hierbei gehen auch metallurgisch inkompatible Metalle wie Aluminium und Titan dauerhafte, gegen Hitzeeinwirkung unempfindliche Verbindungen ein. Momentan arbeiten die ILT-Forscher mit Partnern aus Luftfahrt und Maschinenbau daran, das EHLA-Verfahren für die additive Fertigung mit hohen Aufbauraten nutzbar zu machen.
In additiven Metalldruckprozessen integrieren ILT-Forscher zudem Sensoren und Aktoren in metallische Bauteile. Die smarten Komponenten sind in Türmechaniken, Dämpfern sowie in Radlagern von Zügen der Deutschen Bahn verbaut und sammeln dort im Sinne eines KI-unterstützten Condition Monitorings Temperatur- und Beschleunigungsdaten.
Und es gibt einen weiteren, hochspannenden Technologieansatz vom ILT und EdgeWave, von dem ein Produktivitätsschub für Laserverfahren ausgehen könnte. Ein Multistrahlsystem, bei dem ein Laserstrahl in anfangs 16 und mittlerweile sogar 64 Teilstrahlen aufgeteilt wird. Diese lassen sich parallel und individuell steuern und zur Mikrostrukturierung funktionaler Oberflächen einsetzen. Basis ist ein 500-Watt-UKP-Laser von EdgeWave, dessen Strahl eine Spezialoptik auf Dutzende Teilstrahlen mit jeweils gleichen und einzeln modulierbaren Strahlparametern verteilt. Alle Strahlen lassen sich separat an- und abschalten. Das neue Multistrahlsystem eignet sich laut ILT für die Batterie- und Wasserstofftechnik, aber auch für die großflächige Strukturierung von Flugzeugtragflächen, Windradflügeln zur Reduzierung von deren Luftwiderstand.
Einen bereits in die Tat umsetzten Produktivitätsschub in der Laserfertigung meldete jüngst TRUMPF. Konkret geht es um eine vollautomatisierte Anlage zum Schneiden von Blech. Per Laserblanking verarbeitet sie ohne menschliches Zutun bis zu 25 Tonnen aufgerolltes Blech – präzise und minimalem Verschnitt. Damit wird die Anlage zur hochflexiblen Alternative zu bisher eingesetzten mechanischen Blechbearbeitungspressen, die für jeden neuen Job und für jede Veränderung ein neues Werkzeug benötigen. Mit dem Laser funktionieren solche Umstellungen ohne die zeit- und kostenintensive Herstellung eines neuen Werkzeugs. Und weil sich die Ausschnitte optimal verschachteln lassen, sinkt der Materialbedarf laut TRUMPF um bis zu 30 Prozent. So wird das Laserblanking zur schnellen, preisgünstigen Alternative für Großserienprozesse, in denen bislang mechanische Pressen das Rennen machten. Und auch hier ebnet der vernetzte, digital gesteuerte Laserprozess ein weiteres Stückchen Weg hin zur Industrie 4.0.