Viele Technologietrends im biomedizinischen Bereich sind von der Photonik getrieben. Die European Conferences on Biomedical Optics ECBO 2025 gibt tiefe Einblicke. Konferenzleiter Hamid Dehghani gibt in unserem Interview Hinweise auf die wichtigsten Trends - darunter Wearables, markerfreie Live-Bildgebung aus lebenden Zellen und der immer breitere Einsatz von Artificial Intelligence.
Hamid Dehghani, Professor für Medizinische Bildgebung, Universität Birmingham
Wo setzt die ECBO 2025 die inhaltlichen Schwerpunkte?
Auf unserer Konferenz steht der Transfer von Technologien aus dem Labor in die klinische Praxis im Mittelpunkt. Die World of Photonics Community hat in den letzten Jahrzehnten unermüdlich die technologischen Grundlagen erarbeitet. Wir haben diese Technologien in unseren Labors getestet und ihre Robustheit, Wirksamkeit und Genauigkeit geprüft. Auf diesem Fundament bauen wir auf: Immer mehr Lösungen aus der biomedizinischen Optik schaffen den Sprung in die klinische Anwendung. Auf der diesjährigen ECBO wird es viele spannende Vorträge geben, in denen Experten klinische Anwendungen, deren Ergebnisse und Wirksamkeit vorstellen.
Haben Sie Beispiele für Technologien, die auf dem Sprung in die Kliniken sind?
Unserer Sub-Konferenz ‚Translationale Biophotonik‘ richtet den Blick auf den diagnostischen und therapeutischen Wert biophotonischer Lösungen. Hier werden wir spannende Ansätze sehen, wie optische Verfahren Chirurginnen und Chirurgen intraoperativ dabei helfen Krebs zu erkennen und zu entfernen. Daneben wird es um Lösungen für die In-vivo-Diagnostik und -bildgebung gehen, beispielsweise zur Untersuchung von Geweben und deren Funktionen. Ex-vivo-Verfahren mit Mikro- oder Nanosensoren stehen ebenfalls im Fokus. Eine weitere Unterkonferenz bietet Einblicke in die Diffuse optische Spektroskopie und Bildgebung. Hier erwarten wir spannende Sessions; darunter eine zu neuen Imaging-Verfahren, die Befunde zur Gehirnfunktion und -gesundheit liefern. Die neuen Technologien ermöglichen uns immer bessere Einblicke und ein tieferes Verständnis der Funktionsweise von Geweben und Zellen. Auch Betrachtungen ihrer Mechanik und Biophysik werden möglich, was uns immer besser verstehen lässt, wie die mechanischen Strukturen von Gewebe und Zellen deren Gesundheit beeinflussen. Die hochauflösende Bildgebung entwickelt sich dynamisch weiter. Wir sehen aktuell vermehrt marker-freie, nicht-zerstörende Lösungen zur Beobachtung lebender Zellen; um mehr über die Vorgänge darin zu erfahren, dürfen wir diese nicht stören. Insgesamt liegt der Nutzen in niedrigeren Kosten, schnelleren Diagnosen und – vor allem anderen – in einer dank der vertieften Kenntnisse immer besseren Behandlung von Erkrankungen.
Gibt es in Ihrem Segment der Photonik gerade spannende Technologietrends?
Ein wichtiger Trend sind Wearables, also tragbare biophotonische Messinstrumente. Damit können wir Patienten rund um die Uhr überwachen – beiläufig, ohne sie zu stören oder ihre Routinen zu unterbrechen. Das verbessert die klinischen Ergebnisse. Ohnehin gelingt es uns zusehends, die Grenzen der Bildgebung und Analytik immer weiter zu verschieben, sowohl was die Auflösungen als auch die Funktionen betrifft. In dem Zusammenhang möchte ich auf unsere Foto-Akustik-Konferenz hinweisen. Die Kombination von Ultraschall und lichtbasierter Diagnostik liefert hochauflösende funktionelle Information. Wie jedes andere Technologiefeld erleben wir aktuell auch, wie rasant Künstliche Intelligenz unsere Forschung verändert. Hier gibt es enorme Fortschritte. Wir können Informationen, die wir aus Daten gewinnen, immer besser rationalisieren. Die Bildverarbeitung und -interpretation wird schneller und objektiver. KI hilft uns im Zusammenspiel mit der rasch wachsenden Datenbasis beim Charakterisieren von Krankheiten. Dieser Trend ist in allen Bereichen der biomedizinischen Bildgebung zu beobachten, und es entstehen neue Anwendungen wie die Computergestützte Pathologie, die einen enormen Impact auf die klinische Praxis und Forschung hat. Dank des raschen Wissenszuwachses verstehen wir auch immer besser, wie wir KI-Algorithmen entwickeln müssen, damit sie unsere Zwecke bestmöglich unterstützen. Unsere Community nutzt nicht nur KI, sondern leistet auch konkrete Beiträge zur Weiterentwicklung von KI.
Möchten Sie die LASER-Community auf bestimmte Konferenz-Highlights hinweisen?
Ich möchte zwei Höhepunkte hervorheben. Unsere ‚Hot Topics Session‘ am Sonntag, zu der wir Vortragende von allen Teilkonferenzen eingeladen haben. Die Session liefert also gleich am ersten ECBO-Tag einen Überblick über den aktuellen Stand der Technik und aktuelle Trends. Auch wer mit dem Thema nicht vertraut ist, kann sich hier orientieren und danach besser entscheiden, welche Sessions er oder sie in den Tagen danach besuchen möchte. Auch Studierende können sich ein Bild davon machen, wo sie sich spezialisieren möchten. Hierbei helfen natürlich auch unsere Special Events, die Gelegenheit zum Networking und zum persönlichen Gespräch bieten. Das zweite Highlight, das ich erwähnen möchte, sind unsere hochkarätigen Plenarredner, Irene Georgakoudi und Kishan Dholakia. Irene ist als Ex-Chair der ECBO ein bekanntes Gesicht. Wir freuen uns sehr, dass sie wieder dabei ist. In ihrem Plenarvortrag am Montagmorgen wird sie ihre Forschungen zur "Markierungsfreien Zwei-Photonen-Mikroskopie für die dynamische Darstellung des Zellstoffwechsels und des Matrixaufbaus in lebenden Geweben" geben. Sie bringt den Trend zur zerstörungsfreien In-vivo-Bildgebung auf die Bühne. Auch auf den Plenarvortrag von Kishan Dholakia, in dem er über "Optical Frontiers in Reproductive Health: Imaging, Manipulation, and Measurement at the Start of Life" sprechen wird, bin ich neugierig. Seine Forschung vertieft des Verständnis der zellulären Aktivitäten am Anfang eines menschlichen Lebens. Darin liegt das Potenzial, weit über unsere heutiges Wissen hinauszublicken. Diesen Ausblick ermöglichen uns die Verfahren der biomedizinischen Optik.
Zum Programm und allen Special Events der ECBO 2025 geht es hier